Wahlkampf mit Klaus Lederer - Der dienstälteste Junior Berlins

Mi 01.02.23 | 08:22 Uhr | Von Sebastian Schöbel
  40
Linke-Spitzenkandidat Klaus Lederer (r.) spricht im Wahlkampf für die Wiederholungswahl in Berlin auf der Straße mit einem Passanten. (Quelle: rbb)
Video: rbb24 Abendschau | 31.01.2023 | A. Sundermeyer | Bild: rbb

Noch einmal führt Klaus Lederer die Berliner Linken in einen Wahlkampf. Das Ziel ist klar: Weiter mit SPD und Grünen regieren, trotz der zuletzt ziemlich miesen Stimmung in der Koalition. Die Themen der Linken sind altbekannt – die Probleme auch. Von Sebastian Schöbel

Dieser Text ist Teil einer Reihe von Reportagen, welche die Spitzenkandidat:innen der sechs im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien im Wahlkampf begleiten.

"Wer sind Sie denn?" Was in fast jedem anderen Dialekt der deutschen Sprache wie eine unschuldige Frage klingt, kommt auf Berlinerisch leicht aggressiv rüber. Dabei meint es der ältere Herr mit der grauen Strickmütze, der Klaus Lederer am Wahlkampfstand der Linken in Friedrichshagen in ein Gespräch verwickelt hat, gar nicht böse. Er gestikuliert etwas ratlos mit der Hand, Leder lächelt ihn an, halb erwartungsvoll, halb herausfordernd. "Klaus Lederer ist mein Name", löst der amtierende Kultur- und Europasenator von Berlin das Rätsel schließlich selbst auf. "Ach ja, im Fernsehen!" Lederer muss lachen. "Hin und wieder auch das."

Festgelegt auf Rot-Grün-Rot

Dass er im medialen Kopf-an-Kopf-Rennen ums Rote Rathaus eher selten genannt wird, weiß Klaus Lederer. Dafür ist er schon zu lange dabei: Mehr als sein halbes Leben ist der gebürtige Schweriner in der Berliner Politik aktiv, seit gut 28 Jahren. Kein anderer Spitzenkandidat bei dieser Wahlwiederholung hat so viel landespolitische Erfahrung wie er. Eine Regierung anführen wird er voraussichtlich dennoch nicht. Weiter mitregieren wollen die Linken aber schon – was laut aktuellen Umfragen aber wieder nur als Juniorpartner mit SPD und Grünen geht. "Wir waren als Linke nie in der Position, dass wir uns groß Konstellationen wählen konnten", antwortet Lederer beinahe trotzig. "Haben trotzdem immer Wahlkampf gemacht. Mit guter Laune und manchmal auch Erfolg."

Wobei für gute Laune zuletzt kaum Anlass war: Im Bund ist die Linke tief zerstritten, das Lager um die russlandfreundliche Sahra Wagenknecht spaltet die Partei vor allem in der Frage, wie man zum Krieg in der Ukraine und der Nato steht. Der Berliner Landesverband positionierte sich früh und lautstark gegen Wagenknecht, mahnte zur klaren Positionierung gegen Kreml-Machthaber Waldimir Putin und dessen Angriffskrieg. Trotzdem hängen den Linken in der Bundeshauptstadt der parteiinterne Richtungsstreit und die vier desaströsen Landtagswahlen des vergangenen Jahres wie ein Mühlstein um den Hals.

Alle Wahlkampf-Reportagen

  • Spitzenkandidaten im Wahlkampf

  • SPD

  • Grüne

  • CDU

  • Linke

  • AfD

  • FDP

Die Außenpolitik holt Lederer auch in Köpenick am Wahlkampfstand ein. Früher habe er mal Linke gewählt, grummelt ein Passant beim Vorbeigehen, den Flyer lehnt er ab. "Aber jetzt die Haltung zur Ukraine, ganz schlimm." Was genau den Mann ärgert, bleibt unklar. Lederer aber reagiert sofort. "Sie finden den Überfall Putins in Ordnung?", fragt er mit scharfem Unterton. Darum gehe es nicht, sondern "um die Vorgeschichte", rechtfertigt sich der Mann. "Müssen Sie mal nachlesen." Lederer verzieht das Gesicht. "Die Vorgeschichte ist: Putin hat die Ukraine überfallen." Der Mann wendet sich ab, der Spitzenkandidat auch. Es ist nicht das einzige Gespräch dieser Art an diesem Tag – auch wenn es selten so konfrontativ abläuft.

Lieber Müggelturm statt Moskau

"Außenpolitik wird nicht in Berlin gemacht", resümiert Lederer einmal schnippisch. Lokale Probleme liegen ihm auch mehr. Zum Beispiel, als sich eine resolute alte Dame vor ihm aufbaut. Er überragt ihren rot gefärbten Schopf so sehr, dass er sich tief hinabbeugen muss. "Lederer" ruft die Dame laut. "Kann ick Ihnen ma'n Ufftrach jeben?" Lederer lacht und antwortet mit gespielter Unterwürfigkeit. "Aber selbstverständlich!" Sie ärgere sich, erklärt die Dame. "Unser wunderbarer Müggelturm: Dit Restaurant is jeschlossen, da is tote Hose." Das Kaffeetrinken mit ihrer Rentenergruppe sei deswegen fast ins Wasser gefallen. Er stecke nicht im Detail drin, sagt Lederer und berlinert dabei mehr als sonst. "Aber ick mach mich ma schlau."

Es sind viele solcher Gespräche, die Klaus Lederer am liebsten führt. Dann kann er ohne großen Aufwand auf seine Bilanz als Kultursenator hinüberleiten. Als Krisenmanager und Geldbeschaffer in der Pandemie hat er sich Meriten verdient. Für seine Wahlkampfauftritte sucht er deswegen auch die Nähe zu Kultureinrichtungen, die seine Verwaltung gefördert hat. Er stehe doch für Künstler, lobt ihn eine Passantin. Seinen Flyer brauche sie nicht. "Ist schon klar, wen ich wähle."

Zuhause wartet Inspektor Barnaby

Dabei will die Linke nicht nur als Förderer der Kultur punkten: mehr sozialer Wohnungsbau, stärkerer Mieterschutz, die Vergesellschaftung von wichtiger Infrastruktur und Wohnungen, das alles schreibt sich die Linke auf die Fahne. In der Hoffnung, dass nach drei Jahren Krise und dem Ruf nach einer spendablen öffentlichen Hand auch die Wahlergebnisse der Linken wieder besser werden. Ob die Rechnung aufgeht, soll die Berliner Wiederholungswahl zeigen – und zwar für die gesamte Partei.

Dafür quält sich Lederer durch den Winterwahlkampf. Sein Mann habe ihm extra Thermo-Unterwäsche geschenkt. Privatleben habe er derzeit kaum. "Wenn ich mal zuhause bin, schalte ich ab und schaue Inspektor Barnaby oder Pater Brown." Mehr als einen halben Tag in der Woche bleibe dafür aber gerade nicht.

rbb24 Abendschau, 31.01.2023, 19:30 Uhr

Video-Interviews

Beitrag von Sebastian Schöbel

40 Kommentare

Wir schließen die Kommentarfunktion, wenn die Zahl der Kommentare so groß ist, dass sie nicht mehr zeitnah moderiert werden können. Weiter schließen wir die Kommentarfunktion, wenn die Kommentare sich nicht mehr auf das Thema beziehen oder eine Vielzahl der Kommentare die Regeln unserer Kommentarrichtlinien verletzt. Bei älteren Beiträgen wird die Kommentarfunktion automatisch geschlossen.

  1. 40.
    Antwort auf [Jan] vom 02.02.2023 um 13:25

    Na also, wo ist das Problem.

  2. 39.
    Antwort auf [Jan] vom 02.02.2023 um 12:23

    Also jetzt reicht's! SIE sind nun hier wahrlich der Letzte, der sich über Löschungen seiner Kommentare durch die Moderation beschweren darf, werden doch regelmäßig von Ihnen die absurdesten Unterstellungen und Beleidigungen durchgelassen, wird von Ihnen doch regelmäßig die halbe Leserschaft als Nazis oder deren Sympathisanten betitelt und Hass und Hetze unterstellt. Da möchte ich gar nicht wissen, was in den blockierten Beiträgen von Ihnen steht. Im Übrigen findet eine Verfolgung Ihrer gefühlten Beleidigungen ausschließlich auf Ihren Antrag bei der Staatsanwaltschaft (=Anzeige) statt. Sie können es ja anzeigen, sofern Sie das für nötig erachten. Viel Spaß!

    @Mod: Ich hoffe, Sie lassen diese Klarstellung durch. Auch Ihnen wird von diesem Kommentator damit regelmäßig strafbewährtes Handeln unterstellt.

  3. 38.

    Die Linke wird sich wieder bis zur Unkenntlichkeit verbiegen, um wieder in den Senat zu kommen. Deren Ideale haben die dafür längst verraten. Ohne diesen Bonus droht ihr der Absturz in die Bedeutungslosigkeit. Warum braucht es dann aber diese Partei noch?

  4. 37.
    Antwort auf [Jan] vom 02.02.2023 um 11:53

    Ihre Nähe zur Frau Wagenknecht mit ihrer kommunistischer Ideologie, die kann man hier regelmäßig vernehmen.

  5. 36.
    Antwort auf [Jan] vom 02.02.2023 um 11:53

    Sind Sie sicher, in meinen Kreisen erfreut man sich weder an der AfD noch an der Linke.

  6. 35.
    Antwort auf [Jan] vom 02.02.2023 um 09:18

    Der Beitrag #30 und die Nähe zur AfD, bei besten Willen nicht zu entdecken.

    Ist es die Hufeisentheorie, die hier ihre Anwendung findet, dass viele ehemalige Wähler der Linke nun die AfD wählen ist Fakt, aber bitte nicht alle.

  7. 34.
    Antwort auf [Jan] vom 02.02.2023 um 09:18

    Schön, wie Sie im schlechten Deutsch andere User als "unmündig wählen zu dürfen" einstufen.
    Sie, der sich allzugerne als Demokrat hier installiert und sich doch wie ein Mitarbeiter des MfS zeigt, der die Meinung Anderer diffamiert, denunziert.
    Da fragt man sich doch, ob Sie nicht "unmündig [sind] wählen zu dürfen".

  8. 33.
    Antwort auf [Jan] vom 02.02.2023 um 09:11

    Es sind doch diese klare Ansagen, die das Wahre "Gesicht" dieser Partei zeigen, übrigens in Sache - Ukrainekrieg, behält man vieles für sich, ausgenommen Frau Wagenknecht, die spricht auch hier "frei von Leber weg".

    Die Frau Giffey ist nicht die ganze SPD, dass hierzulande nicht verallgemeinert wird, das gilt auch hier.

  9. 32.

    Also, die AfD ist sicher nicht die Lieblingspartei Russlands, da sie zu der NATO steht.

  10. 31.

    Die rechtsextreme AfD und ein paar Steinzeitkommunisten der Linke. Allen voran die dreifach gewendete Wagenknecht.

  11. 30.

    Wer erinnert sich ich gerne an die Affäre Dr. Knabe, dem ehemaligen Chef Stasigedenkstätte Hohenschönhausen, der mit Stasi Methoden der Diffamierung und Zersetzung, im Einklang mit der damaligen Kulturstaatsminiserin Grütters (CDU), aus dem Amt getrieben wurde?
    Da war unser Klaus so richtig in Form.
    Oder an den Versuch, den hauptamtlichen Stasi Spitzel André Holm als Staatssekretär einzuschleusen?

  12. 29.

    Habe die früher gewählt und das fand ich auch richtig so (für mich persönlich!). Aber inzwischen sind sie unwählbar, da "die LINKE" ihre eigenen Ideale inzwischen vollständig verraten hat. Realitäten werden gekonnt ausgeblendet (Clankriminalität, Migrationskrise, die wahren Gründe für die Wohnungsnot, Waffenlieferungen, die hausgemachte Energiekrise usw.), mit der Begründung der PC!
    Hatte S.W. vielleicht doch recht, als sie von den "neuen Lifestyle LINKEN" sprach, denen es nicht wirklich um linke Politik sondern um Wokeness geht?
    Ich denke schon!
    Schade um "die LINKE, Schade um Berlin, Schade um Klaus!!!

  13. 28.

    Dank sozialistischer Mangelwirtschaft fehlt manchmal Kreide. Dann kommt das wahre Gesicht der Sozialisten durch, so wie beim Vergesellschaften, bösen Investoren, Eigentumswohnungen oder bei Wagenknecht.

  14. 27.

    Welche ist jetzt eigentlich Russlands Lieblingspartei in D? Die Linke, oder doch die Afd?

  15. 26.

    Erstmal Danke für ihre Anwort, aber sie belegen nur das Gerede von einer Spaltung - wenn Sie wissen möchten wie sich eine Partei tatsächlich spaltet, dann schauen Sie sich mal beispielsweise die Geschichte der "SPD" mit ihrer Gründung im Jahre 1891 und die Jahre 1914-1919 sowie 1974-2004 an und Sie werden erkennen können, das die Führung der Partei entgegen den Grundsätzen der selben gewirkt hatte.

    Übrigens das Gleiche gilt höchstwahrscheinlich für die Demokratie, sie erodiert von oben.
    Nur ein Beispiel? - 1933!

  16. 25.

    Thermiunterwäsche brauchen nur die, die den Stillstand symbolisieren. Andere bewegen sich, um die Stadt vorn zu bringen.

  17. 24.

    Leder hatte getwittert, dass die Linke die Absicht hat, den kommunalen Wohnungsbau zu stärken. Wir wissen alle, was solche Absichtserklärungen bedeuten.

  18. 23.

    Liebe User,

    wir wissen, dass Wahlkampf und die damit verbundenen Themen emotionalisieren können. Dennoch möchten wir um folgendes bitten: Die Kommentare dienen zum Austausch der Nutzerinnen und Nutzer und der Redaktion über die berichteten Themen. Die Kommentare sollen sich daher bitte auf das Thema beziehen und zugleich die Regeln unserer Kommentarrichtlinien nicht verletzen. Ansonsten sehen wir uns gezwungen die Kommentarfunktion vorzeitig zu deaktivieren.

  19. 22.

    @piefke: Ja, die gibt es. Sehr viele sogar. Hier eine kleine Auswahl
    https://www.rbb-online.de/kontraste/archiv/kontraste-vom-13-02-2022.html
    https://www.nd-aktuell.de/artikel/1170333.linke-wagenknecht-im-wahlgefecht.html?sstr=Wagenknecht
    https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/linkspartei-wagenknecht-105.html
    https://www.spiegel.de/politik/deutschland/die-linke-sahra-wagenknecht-verteidigt-ihre-russland-rede-a-ae400e02-0b23-4ee9-afe6-0a39423a3715

  20. 21.

    Wieso macht Wagenknecht für die Linke in Lichtenberg Wahlkampf, wenn deren Position zum Kriegstyrannen Putin angeblich so eindeutig geklärt ist? Auf der Veranstaltung applaudierte ihr auch deren dortiger BVV-Fraktionsvorsitzender und schwänzte dafür sogar eine Sitzung.

Nächster Artikel