Abgeordnetenhauswahl - Fast alle Spitzenkandidaten wollen Thema Wohnen als erstes angehen
Wohnungsneubau oder Ankauf, Enteignungen oder ein Pakt mit den Wohnungsgesellschaften: Die Berliner Spitzenkandidaten haben in der rbb-Wahlarena kontrovers diskutiert, wie das Thema Wohnen nach der Wahl angegangen werden soll.
Die Spitzenkandidaten für die Berliner Abgeordnetenhauswahl haben das Thema Wohnen weit oben auf ihrer Agenda. Das wurde in der Diskussionsrunde im rbb-Fernsehen am Dienstagabend deutlich.
Franziska Giffey (SPD), Bettina Jarasch (Grüne), Klaus Lederer (Linke) und Sebastian Czaja (FDP) antworteten auf eine entsprechende Frage, dieses Thema als erstes nach der Wahl angehen zu wollen. AfD-Spitzenkandidatin Kristin Brinker sagte, als Finanzpolitikerin wolle sie sich zuerst den Haushalt ansehen, Kai Wegner (CDU) nannte eine bessere öffentliche Verwaltung als sein erstes Thema.
Giffey und Jarasch setzen auf Zusammenarbeit mit Wohnungsunternehmen
Giffey setzt vor allem auf Wohnungsneubau, das sei "Chefinnen-Sache" sagte sie. Sie will als erstes ein Bündnis für bezahlbaren Wohnraum beziehungsweise Wohnungsneubau schaffen. Diesem Bündnis sollen sowohl die landeseigenen Wohnungsgesellschaften, Genossenschaften aber auch private Investoren angehören. Giffey kritisierte die Unterstützung von Linken und Grünen für den Volksentscheid zur Enteignung großer Wohnungsunternehmen. Eine solche Vergesellschaftung gegen Entschädigung nach pauschalen Kriterien wie der Anzahl von Wohnungen sei "weder zielgenau noch gerecht".
Auch Bettina Jarasch will mit den Wohnungsunternehmen gemeinsam handeln. Diese sollen sich unter anderem zu fairen Mieten verpflichten, dann würden sie beispielsweise auch Grundstücke für Wohnungsneubau bekommen. Sie sagte, sie wolle auch den Druck, der durch den Volksentscheid "Deutsche Wohnen & Co enteignen" entstehe, dafür nutzen, einen solchen Pakt mit den Wohnungsunternehmen zu verhandeln. Eine Enteignung sehen die Grünen aber nur als "allerletztes Mittel".
Lederer für Enteignungen - Brinker warnt vor Risiken
Linke-Spitzenkandidat Klaus Lederer hingegen sprach sich hingegen erneut für eine Enteignung von Wohnungsunternehmen mit mehr als 3.000 Wohnung aus. "Indem wir Wohnungen dem Markt entziehen, werden wir dafür sorgen, dass die Angebotsmieten nicht weiter durch die Decke knallen", sagte der Kultursenator. Er versprach, dass die Berliner "keinen Cent" für die Entschädigungen im Falle einer Vergesellschaftung zahlen müssten. "Das wird kreditfinanziert."
AfD-Spitzenkandidatin Kristin Brinker kritisierte den jüngsten Ankauf des Senats von rund 14.750 Wohnungen für gut 2,4 Milliarden Euro. Dieses Geld hätte viel besser in Neubau investiert werden können, sagte sie. Nach ihrer Einschätzung hätten davon 8.000 bis 10.000 Wohnungen neu gebaut werden können. Zudem sei ein Immobilienkauf auch immer mit Risiken verbunden, warnte Brinker. "Das ist ein Risiko für den Landeshaushalt und für den Steuerzahler."
Wegner fordert mehr Neubau - Czaja will Hilfe für Wohneigentum
Wegner kritisierte, durch Enteignungen würde kein einziger neuer Quadratmeter Wohnraum neu entstehen. 40 Milliarden Euro für Entschädigungen im Falle von Enteignungen in die Hand zu nehmen sei der falsche Weg. Vielmehr müsse neu gebaut werden - für alle Preissegmente in der Stadt. "Wir brauchen auch Wohnraum für den Busfahrer, für den Polizeibeamten, der keinen Wohnbereichtigungsschein bekommt und trotzdem bezahlbaren Wohnraum in dieser Stadt braucht."
Auch Czaja plädierte für Wohnungsneubau: "Wir brauchen dringend eine "mietsenkende Neubauoffensive". Das aber helfe nur mittel- und langfristig. Nötig sei aber auch eine kurzfristige Hilfe. Der FDP-Spitzenkandiat schlägt etwa finanzielle Unterstützung vor für Menschen, die Wohneigentum aufbauen wollen. "Auch wenn Berlin einen Mieterstadt ist, gehört das für uns mit dazu, damit man in den eigenen vier Wänden auch sein Zuhause findet."
Keine Einigkeit bei Bebauung des Tempelhofer Feldes
Gestellt wurde in der Diskussionsrunde auch die Frage, ob auf dem Tempelhofer Feld Wohnungen entstehen sollen, obwohl dies ein Volksentscheid 2014 abgelehnt hatte. SPD, CDU, FDP und AfD sprachen sich für eine Randbebauung aus, sollten die Bürger bei einer erneuten Befragung zustimmen. Die Grünen sind dagegen, die Linke sieht hier Lederer zufolge nicht die erste Priorität, wenn es um Neubau geht.
Sendung: Ihre Wahl 2021 zum Abgeordnetenhaus, 21.09.2021, 20:15 Uhr