Sondierungen vor Abschluss - In Berlin stehen die Zeichen auf Rot-Grün-Rot
Bei den Sondierungen um eine Regierungsbildung in Berlin ist eine Entscheidung gefallen: SPD und Grüne wollen am Freitag die Gespräche mit der Linken abschließen und danach über die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen entscheiden.
+ SPD, Grüne und Linke wollen am Freitag Sondierungspapier erarbeiten
+ SPD-Landesvorstand entscheidet danach über Koalitionsverhandlungen
+ Koalitionsverhandlungen könnten nächste Woche beginnen
Nach einigem Zögern steuert Berlins designierte Regierungschefin Franziska Giffey (SPD) nun doch auf eine Neuauflage der Koalition mit Grünen und Linken zu. Giffey kündigte am Donnerstag eine letzte Sondierungsrunde nur mit diesen beiden Parteien an und betonte das Ziel, bis Ende November eine Koalition zu schmieden. Ein erster Aufschlag für Rot-Grün-Rot soll nach rbb-Informationen am Freitagmorgen ab 9 Uhr im Sitz der Berliner SPD, dem Kurt-Schumacher-Haus im Ortsteil Wedding unternommen werden. Dabei soll gemeinsam ein Sondierungspapier erarbeitet werden.
Koalitionsgespräche ab kommendem Mittwoch?
Grüne und Linke hatten sich nach der Wahl schnell für eine Fortsetzung ihres Bündnisses mit der SPD ausgesprochen. Giffey erwog hingegen lange auch ein Dreierbündnis mit Grünen und FDP. Am Donnerstag schwenkte Giffey dann ein. Die SPD erachte die Zusammenarbeit mit Grünen und Linken als "den erfolgversprechendsten Weg" für eine stabile Regierung in der Hauptstadt in den nächsten fünf Jahren, sagte die frühere Bundesfamilienministerin.
Giffey stellte aber klar: "Ein einfaches Weiter so kann es nicht geben." Dass sie jetzt erste Weichen für die Neuauflage des bestehenden Bündnisses stellt, begründete die SPD-Politikerin so: "Es ist ganz klar, dass wenn drei Partner am Tisch sitzen, natürlich es bei drei Partnern passen muss auch." Es sei im Verlauf der Diskussion deutlich geworden, dass die Schnittmengen in der Konstellation Rot-Grün-Rot eine größere Chance auf Verwirklichung und auf Tragfähigkeit hätten. Als Themen nannte sie etwa Mieterschutz, Klimaschutz und gute öffentliche Daseinsvorsorge.
Nach der rot-grün-roten Runde am Freitag soll dem Landesvorstand der SPD die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen vorgeschlagen werden. Diese könnten laut Giffey Mitte nächster Woche beginnen.
Jarasch: Sind einen großen Schritt weiter
Für die Grünen erklärte Spitzenkandidatin Bettina Jarasch: "Ich freue mich darüber, dass wir einen großen Schritt weiter sind. " Im Grünen-Sondierungsteam sei man sich einig, dass die politischen Herausforderungen in Berlin von einem Bündnis mit SPD und Linken am besten bewältigt werden könnten.
Auch die Linke begrüßte die Entwicklung. Die Landesvorsitzende Katina Schubert sagte im Inforadio vom rbb, am Freitag müssten letzte Punkte geklärt werden. Sie sei aber optimistisch, dass man sich einigen werde. Sozialabbau und die Privatisierung der öffentlichen Daseinsvorsorge werde es aber mit der Linken nicht geben.
Positiv reagierte auch der Spitzenkandidat der Linken, Klaus Lederer. "Ich freue mich über die heutige Entscheidung: Wir brauchen eine rot-grün-rote Koalition, um die soziale und ökologische Zukunft dieser Stadt zu gestalten. Daran wollen wir in den kommenden Gesprächen weiterarbeiten", twitterte er.
Scharfe Kritik von FDP und CDU
Anders reagierte hingegen die FDP, mit der SPD und Grüne ebenfalls über ein mögliches Dreierbündnis gesprochen hatten. Landeschef Christoph Meyer warf Giffey in einer ersten Stellungnahme vor, die Grundlage ihres Wahlkampfs verraten und die Chancen auf einen wirklichen Neustart verspielt zu haben. Der versprochene Wandel sei nicht mehr als eine "leere Worthülse", so Meyer.
Der Berliner CDU-Chef Kai Wegner nannte die Ankündigung von rot-grün-roten Koalitionsverhandlungen einen "Tiefschlag für die Chancenstadt Berlin". "Berlin braucht dringend einen echten Neustart, stattdessen droht ein Weiter-so mit Streit und Stillstand", erklärte Wegner.
Die AfD-Vorsitzende Kristin Brinker sprach von der "denkbar schlechtesten Nachricht" für Berlin. Statt eines Neuanfangs habe die SPD sich "für eine Fortsetzung der vermutlich miserabelsten Regierung entschieden, die Berlin je erdulden musste".
Sendung: Abendschau, 13.10.2021, 19:30 Uhr