Berlin-Wahl - Was Sie zu den BVV-Wahlen 2021 wissen müssen
Politik beginnt lokal - in Berlin heißt das: in den Bezirken. Am 26. September werden auch die Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) neu gewählt, und damit auch entschieden, wer in den Rathäusern regieren darf.
In jedem der 12 Berliner Bezirke wird am 26. September auch die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) gewählt. Dann entscheidet sich auch, wer Bezirksbürgermeisterin oder der Bezirksbürgermeister wird. rbb|24 liefert Ihnen hier eine Übersicht zu den Rennen in allen Bezirken.
Spandau
Nach zwei Amtszeiten will der bisherige Bezirksbürgermeister Helmut Kleebank in den Bundestag wechseln. Seine SPD schickt nun die BVV-Abgeordnete Carola Brückner als Spitzenkandidatin ins Rennen. Brückner ist auch Referentin im Bundesarbeitsministerium und wäre, falls erfolgreich, die erste Frau auf dem Chefsessel im Spandauer Rathaus. Ihr härtester Konkurrent ist der bisherige CDU-Stadtrat Frank Bewig. Er war bislang zuständig für Stadtentwicklung und Verkehr, zwei zentrale Themen in einem der am schnellsten wachsenden Bezirke Berlins. Die AfD, die bei der letzten Wahl mit 16 Prozent der Stimmen drittstärkste Kraft in Spandau wurde, schickt den Sprecher ihres Bezirksverbandes Andreas Otti ins Rennen. Er war in den vergangenen fünf Jahren auch Stadtrat für Facility Management, Umwelt- und Naturschutz.
2016 holte die SPD 33,2 Prozent der Stimmen, die CDU 25,7 Prozent, die AfD 16 Prozent, die Grünen 7,6 Prozent, die FDP 6,4 Prozent und die Linke 5,6 Prozent.
Tempelhof-Schöneberg
Kann SPD-Bezirksbürgermeisterin Angelika Schöttler eine dritte Amtszeit antreten? Oder sorgt der bisherige Bezirksstadtrat für Stadtentwicklung und Bauen, Jörn Oltmann von den Grünen, für den Machtwechsel? Vielleicht erobert aber auch der erst 41-jährige Matthias Steuckardt, bislang Bezirksstadtrat für Jugend und Soziales, für die CDU das historische Rathaus am John-F.-Kennedy-Platz. 2016 und 2011 lagen die drei Parteien jedenfalls eng beieinander, mit 24,7 (SPD), 21,9 (Grüne) und 21,1 (CDU) Prozent. Gleich drei Wahlkampfthemen, die ganz Berlin betreffen, lassen sich in Tempelhof-Schöneberg besonders gut veranschaulichen: Das Tempelhofer Feld und seine (Nicht-)Bebauung steht für die Wohnungsdebatte, der Tempelhofer Damm mit seinem Pop-Up-Radweg und den täglichen Staus für die Mobilitätswende und die Bezirksverwaltung für den Personalmangel im öffentlichen Dienst.
Pankow
In Berlins bevölkerungsreichstem Bezirk Pankow tritt der aktuelle Bürgermeister Sören Benn von Die Linke erneut zur Wahl an. Der ausgebildete Baufacharbeiter und Sozialpädagoge kritisierte die Kooperation mit dem Senat und bemängelte den Personalmangel im Bezirk. Gegen ihn tritt für die Grünen die Co-Vorsitzende ihrer BVV-Fraktion und Rechtsanwältin Cordelia Koch an. Die SPD stellt Rona Tietje als Pankower Spitzenkandidatin auf. Der frühere SPD- und CDU-Politiker Daniel Krüger tritt als AfD-Spitzenkandidat für Pankow an. Für die CDU geht die bisherige stellvertretende BVV-Fraktionschefin und schulpolitische Sprecherin Denise Bittner ins Rennen. FDP-Spitzenkandidat ist der Diplom-Wissenschaftsingenieur und Software-Entwickler Thomas Enge.
2016 schaffte es Die Linke auf 21,1 Prozent, dicht gefolgt von den Grünen mit 20,6 und der SPD mit 20 Prozent. Die AfD holte 13,3 Prozent, die CDU 12,8 Prozent und die FDP 3,9 Prozent.
Neukölln
Buschkowsky, Giffey, Hikel: Seit 20 Jahren stellt die SPD den Bezirksbürgermeister in Neukölln. Martin Hikel ist schon seit Franziska Giffeys Wechsel in das Bundesfamilienministerium amtierender Bezirksbürgermeister und will es erneut werden. Gegen ihn schickt die CDU Falko Liecke, den dienstältesten Stadtrat Neuköllns, ins Rennen. Der Neuköllner Gesundheitsstadtrat machte während der Pandemie von sich reden, als er Corona-Teststellen in Neukölln wegen besonders drastischer Regelverstöße schließen ließ. Die Grünen treten mit Jochen Biedermann, dem aktuellen Stadtrat für Stadtentwicklung, Soziales und Bürgerdienste, zur Wahl an. Die Linke tritt mit Sarah Nagel, der Sprecherin des Neuköllner Bezirksverbandes an. Auch die AfD will besonders im Süden des Bezirks mit dem Sprecher des Bezirksverbandes Julian Potthast punkten. Die FDP tritt mit dem Politologen Roland Leppek an.
2016 holte die SPD 30,4 Prozent der Stimmen, die CDU 16,3 Prozent, die Grünen 14,9 Prozent, die AfD 12,7 Prozent, die Linke 12,2 Prozent und die FDP 4,2 Prozent.
Friedrichshain-Kreuzberg
Nirgendwo sonst in Berlin schneiden SPD und CDU so schlecht ab wie in Friedrichshain-Kreuzberg. Dafür dominieren Grüne und Linke den Bezirk. Für die Grünen kandidiert Clara Hermann für den Posten der Bezirksbürgermeisterin. Hermann ist seit 2016 Stadträtin für Finanzen, Umwelt und Kultur in Friedrichshain-Kreuzberg. Für die Linke tritt Oliver Nöll aus dem Friedrichshainer Samariterkiez an. In der letzten Wahlperiode war er als sport- und haushaltspolitischer Sprecher tätig. Die SPD schickt Andy Hehmke, den Bezirksstadtrat für Wirtschaft, Ordnungsamt, Schule und Sport in Friedrichshain-Kreuzberg ins Rennen, die CDU den Kreuzberger Anwalt Timus Husein. Für die AfD tritt das ehemalige Mitglied der CDU und der FDP, Frank Scheermesser, an. Seit 2016 gehört er der AfD an.
2016 holte die Grünen 32,7 Prozent der Stimmen, die Linke 20,8 Prozent, die SPD 17,2 Prozent, die CDU 7,7 Prozent, die AfD 6,2 Prozent.
Treptow-Köpenick
Politisch herrscht in Treptow-Köpenick eine ganz besondere Konstellation: Stärkste Parteien sind SPD, Linke und AfD. Oliver Igel, der seit zehn Jahren Bezirksbürgermeister ist, tritt erneut mit der SPD für das oberste Amt des Bezirks an. Konkurrenz bekommt er von der aus Rahnsdorf stammenden Carolin Weingart, die für Die Linke ins Rennen geht. Für die AfD tritt der ehemaligen Landesgeschäftsführer Alexander Bertram an. Die CDU schickt Bertram Wieczorek ins Rennen, der die Partei 2007 eigentlich bereits verlassen hatte. Für die Grünen tritt im grünsten Bezirk Berlins Claudia Leistner an.
Die SPD erzielte 2016 24,9 Prozent, Die Linke 22,7 Prozent. Die Afd schaffte es auf 20,1 Prozent, die CDU auf 12,5 und die Grünen auf 9,4 Prozent.
Marzahn-Hellersdorf
Die dienstälteste Bezirksbürgermeisterin Berlins, Dagmar Pohle (Die Linke), die 2006 und 2016 zur Bezirksbürgermeisterin von Marzahn-Hellersdorf gewählt wurde tritt nicht erneut an. Dafür wollen gleich vier Kandidat:innen auf ihren Posten nachrücken: Juliane Witt, die Bezirksstadträtin um die Bereiche Weiterbildung, Kultur, Soziales und Facility Management tritt für Die Linke an. Für die SPD tritt der Bezirksstadtrat für Schule, Sport, Jugend und Familie Gordon Lemm an. Die CDU vertritt die aktuelle Bezirksstadträtin für Wirtschaft, Straßen und Grünflächen Nadja Zivkovic. Die AfD geht mit Jeannette Auricht ins Rennen.
2016 holte die Linke 26,0 Prozent der Stimmen, die AfD 23.2 Prozent, die SPD 18,3 Prozent, die CDU 17,2 Prozent und die Grünen 4,6 Prozent.
Reinickendorf
Frank Balzer, der Bezirksbürgermeister von Reinickendorf, will nach zehn Jahren im Amt ins Abgeordnetenhaus wechseln. Zuvor hat er – mit durchaus umstrittenen Methoden – seinen CDU-Bezirksverband auf Linie gebracht. Balzers handverlesener Nachfolge soll Michael Wegner werden, der von 1999 bis 2006 schon einmal Reinickendorfs Stadtrat für Bau-, Grundstücks- und Gebäudemanagement war. Das Amt streitig machen will ihm unter anderem Reinickendorfs aktueller stellvertretender Bürgermeister, Uwe Brockhausen von der SPD. Der Leiter der Abteilung Wirtschaft, Gesundheit, Integration und Soziales kann sich vor allem das Krisenmanagement in der Coronapandemie auf die Fahne schreiben – weiß aber auch, dass vor fünf Jahren die CDU mit 35,6 Prozent weit vor der SPD mit 21,4 Prozent lag. Während Linke (5,4), Grüne (10,4) und FDP (6,6) in Reinickendorf bei Wahlen zuletzt keine wirklich großen Rollen spielten, schoss die AfD 2016 direkt auf 14,4 Prozent. Nun kann ihr bisheriger Bezirksstadtrat für Bürgerdienste und Ordnungsangelegenheiten, Sebastian Maack, zeigen, ob er das Ergebnis von damals wiederholen oder verbessern kann.
Steglitz-Zehlendorf
Die CDU versucht hier das Wahldesaster von 2016 vergessen zu machen: Nur 28,4 Prozent der gültigen Stimmen holten die Christdemokraten im bürgerlichen und begüterten Bezirk mit der traditionell hohen Wahlbeteiligung – 11 Prozentpunkte weniger als 2011. Damals wie heute soll es Spitzenkandidatin Cerstin Richter-Kotowski reißen: Als Bezirksbürgermeisterin und Stadträtin hat sie die vergangenen fünf Jahre die Abteilungen Finanzen, Personal, Stadtentwicklung und Wirtschaftsförderung geleitet. Ihre Konkurrenz kennt sie gut: Mit Carolina Böhm von der SPD und Maren Schellenberg von den Grünen treten zwei Bezirksstadträtinnen gegen sie an. Die Grünen sind im Bezirk der Parks und Villenviertel in den vergangenen 20 Jahren immer stärker geworden, 2016 reichte es für 19,6 Prozent der Stimmen. Für die SPD hingegen zeigt der Trend im gleichen Zeitraum nach unten – hier wird sich, wie auf Landesebene, zeigen, ob es zumindest auf Platz zwei einen Wechsel gibt. Aufsteiger der letzten Jahre war die AfD, die 2016 10,5 Prozent der Stimmen holte. Sie geht nun mit ihrem BVV-Fraktionschef Peer Lars Döhnert ins Rennen.
Lichtenberg
In Lichtenberg will Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Die Linke) seinen Posten behalten und steht auf Platz 1 der Bezirksliste. Kevin Hönicke, derzeit Baustadtrat, der das wohl größte Obdachlosenlager Deutschlands an der Rummelsburger Bucht räumen ließ, will ebenfalls Bürgermeister von Lichtenberg werden. Er steht nur auf Platz 2 der Bezirksliste, ist aber der SPD-Spitzenkandidat. Für die AfD steht Karsten Woldeit auf Platz 1, für die Bezirksliste zur BVV und auch für die Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus. Bei der CDU kandidiert der Stadtrat für Schule, Sport, Öffentliche Ordnung, Umwelt und Verkehr, Martin Schaefer. Die Grünen schicken Daniela Ehlers, die FDP Rico Apitz ins Rennen.
2016 holte die Linke 29,8 Prozent der Stimmen, die SPD schaffte 21,7 Prozent, die AfD 19,2 Prozent, die CDU 12,6 Prozent und die Grünen 8,2 Prozent.
Charlottenburg-Wilmersdorf
Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann von der SPD will nach zwei Amtszeiten wechseln, ins Berliner Abgeordnetenhaus. Geht es nach den Sozialdemokraten, soll ihm Heike Schmitt-Schmelz nachfolgen, die bisherige Bezirksstadträtin für Jugend, Familie, Bildung, Sport und Kultur. Sie muss sich gegen die frühere BVV-Vorsteherin Judith Stückler von der CDU durchsetzen. Die hat zwar bisher noch kein Regierungsamt innegehabt, macht aber seit Jahren in der BVV Bezirkspolitik und hält mehrere leitende Funktionen in der Charlottenburger CDU. In Schlagdistanz beim Rennen um das Rathaus sind auch die Grünen, 2016 holten sie bereits 20 Prozent der Stimmen. Allerdings treten sie mit einem Trio an, in dem der bisherige Bau-, Verkehr- und Umweltbezirksstadtrat Oliver Schruoffenegger das prominenteste Mitglied ist. Sollten die Grünen stärkste Kraft werden, will die Partei nach der Wahl entscheiden, wer von den drei Spitzenkandidat:innen die Bezirksregierung anführen soll.
Mitte
In Mitte liefern sich Grüne und SPD ein besonders spannendes Rennen um das Amt des Bezirksbürgermeisters. 2016 konnte Stephan von Dassel hier der zweite grüne Bezirksbürgermeister in Berlin überhaupt werden, nachdem sich die SPD zu einer Zählgemeinschaft mit seiner Partei durchgerungen hatten. Von Dassel hat die vergangenen fünf Jahre genutzt, um zu den medial präsentesten Bezirkspolitikern zu werden – was sicherlich auch damit zusammenhängt, dass Mitte auch bundesweit immer wieder Aufmerksamkeit bekommt, schon allein wegen der vielen Demos hier. In der eigenen Partei ist der "Law and Order"-Grüne von Dassel jedoch nicht unumstritten, vor der Wahl musste er sich in einer Kampfabstimmung durchsetzen. Mit Ephraim Gothe schickt die SPD nun einen ihrer erfahrensten Kommunalpolitiker ins Rennen: Gothe war schon 2006-2011 Stadtrat für Stadtentwicklung, seit 2016 ist er es wieder, zwischendurch war er Staatssekretär für Bauen und Stadtentwicklung unter einem gewissen Senator Michael Müller. Die CDU komplettiert dieses kommunalpolitische "Elefantenrennen" mit Carsten Spallek, der auch schon seit 2009 in wechselnden Funktionen Teil verschiedener Bezirksregierungen war, meistens mit dem Fokus Wirtschaftspolitik. Spallek wird versuchen, den Abwärtstrend der CDU in Mitte aufzuhalten und zumindest Rang drei von den Linken zurückzuerobern. Die kamen 2016 nämlich auf 17,9 Prozent, die CDU nur auf 13,5 Prozent.