Suche nach Koalitionspartnern - Erstes Sondierungstreffen zwischen SPD und Grünen dauert mehr als fünf Stunden
Franziska Giffey hat die Wahl: Der Wahlgewinnerin in Berlin stehen mehrere Koalitionsoptionen offen. Am Freitag traf eine SPD-Delegation zuerst die Grünen - bevor am Nachmittag ein Treffen mit den Linken auf dem Programm steht.
SPD und Grüne haben sich bei ihrem ersten Sondierungsgespräch nach der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus viel Zeit genommen. Das Treffen in der SPD-Landesgeschäftsstelle dauerte am Freitag fünfeinhalb Stunden, wie es aus Parteikreisen hieß. Ergebnisse wurden nicht bekannt.
Ab 9 Uhr berieten die Spitzen der Berliner SPD und Grünen in der Landesparteizentrale der Sozialdemokraten. Am Nachmittag sollen Gespräche mit den Linken folgen. Am Montag will die SPD dann mit der CDU und anschließend mit der FDP ausloten, welche Schnittmengen es für eine mögliche Aufnahme von Koalitionsverhandlungen gibt.
Die SPD mit ihrer Spitzenkandidatin und designierten Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey hatte die Wahl am vergangenen Sonntag trotz ihres schlechtesten Nachkriegsergebnisses von 21,4 Prozent gewonnen - vor Grünen, CDU, Linken, AfD und FDP. Sie kann sich nun die Koalitionspartner aussuchen. Möglich sind verschiedene Dreierbündnisse. So könnte die SPD wie bisher mit Grünen und Linken koalieren, aber auch mit CDU und FDP oder Grünen und FDP.
Sondierung soll bis Mitte Oktober dauern
Giffey hatte die Koalitionsfrage bereits im Wahlkampf offen gelassen, durchaus aber inhaltliche Präferenzen für CDU und FDP durchblicken lassen und damit die seit 2016 mitregierenden Grünen und Linken gegen sich aufgebracht. Diese wollen die Koalition fortsetzen, genauso wie große Teile der SPD-Basis. Doch auch CDU und FDP rechnen sich Chancen aus, ein Bündnis mit der SPD schmieden zu können.
Als Ergebnis der Sondierungen will Giffey dem SPD-Landesvorstand möglichst bis Mitte Oktober vorschlagen, mit wem sie in Koalitionsverhandlungen treten will. Der neue Berliner Senat, so ihr Ziel, soll dann bis Ende des Jahres seine Arbeit aufnehmen können.
Grüne wollen Neuauflage der bestehenden Koalition
Die Berliner Grünen zeigten unterdessen zuversichtlich, die bestehende Koalition mit SPD und Linken fortsetzen zu können. "Wenn man die Wahlprogramme und die Parteiprogramme nebeneinander legt, dann sieht man: Die größten Schnittmengen sind zwischen Rot, Grün, Rot", sagte der Co-Vorsitzende Werner Graf am Freitag im rbb-Inforadio. "Deshalb sind wir auch sehr optimistisch, dass wir da zusammenkommen."
Graf, der den Grünen-Landesverband mit Nina Stahr anführt, rechnete damit, dass es wegen der Pannen bei der Wahl am Sonntag zu Einsprüchen von Wählern kommen wird. Neuwahlen erwartet er aber nicht. Deshalb müssten die Gespräche zur Bildung einer Koalition auch jetzt beginnen. "Ich glaube, wir können jetzt nicht Berlin einfach auf Hold setzen."
Derweil formieren sich bereits die Fraktionen im neuen Abgeordnetenhaus. Bei der SPD wurde Raed Saleh als Fraktionschef bestätigt, bei der CDU übernimmt Spitzenkandidat Kai Wegner das Amt. Die AfD, mit der keine Partei koalieren möchte, hatte bereits Kristin Brinker zur neuen Fraktionschefin gewählt.
Giffey rechnet nicht mit Neuwahlen
Mit Neuwahlen wegen der zahlreichen Pannen rechnet Giffey derweil nicht. Wo Unklarheiten herrschten, werde nochmal nachgezählt. Nach ihrer Einschätzung wird es in den nächsten Tagen in allen der mehr als 2.200 Wahllokale Klarheit geben. Wichtig sei aber, dass die Vorgänge aufgearbeitet werden, auch um daraus Konsequenzen für künftige Wahlen zu ziehen.
Nach der Wahl am Sonntag waren viele Pannen und Probleme bekannt geworden, die Landeswahlleiterin Petra Michaelis trat zurück. Wähler mussten zum Teil stundenlang anstehen. Stimmzettel fehlten oder waren vertauscht. Auch die Auszählung lief nicht überall glatt, wie Wahlhelfer berichteten. Inzwischen wird in mehreren Wahlbezirken erneut ausgezählt. Betroffen ist unter anderem auch der Wahlkreis von Linken-Spitzenkandidat Klaus Lederer.
Sendung: Abendschau, 01.10.2021, 19:30 Uhr