466 Wahlbriefe nachträglich ausgezählt - Gleichstand bei Direktkandidaten von CDU und Linke in Lichtenberg - Los könnte entscheiden
Die bei der Wiederholungswahl zunächst unberücksichtigten Stimmzettel in Lichtenberg sind ausgezählt. Ergebnis: In einem Wahlkreis liegen die Direktkandidaten von CDU und Linke gleichauf - mit möglichen Auswirkungen für das Abgeordnetenhaus.
- 466 Briefwahlumschläge mussten wegen "Kommunikationsfehler" nachträglich ausgezählt werden
- Im Wahlkreis 3 liegen Kandidaten von CDU und Linken gleichauf
- Wer das Direktmandat bekommt, entscheidet das Los
- Endgültige Entscheidung erst am 27. Februar, wenn amtliches Endergebnis bekannt gegeben wird
Drei Tage nach der Berliner Abgeordnetenhauswahl sind im Bezirk Lichtenberg weitere Briefwahlstimmen ausgezählt. 466 Briefwahlumschläge waren laut Landeswahlleiter Stephan Bröchler durch einen "Kommunikationsfehler" vor der Wahl in der Poststelle des Bezirks liegengeblieben.
Die Auszählung wurde mit Spannung beobachtet, weil nach dem vorläufigen Wahlergebnis Grüne und SPD fast gleich stark sind. Die SPD hat einen Vorsprung von nur 105 Stimmen.
Nach inoffiziellem Auszählungsergebnis vergrößert sich nun der Vorsprung der SPD bei den Zweitstimmen um weitere acht - auf 113. Durch die jetzt ausgezählten Zweitstimmen hätte die Panne zunächst keine Auswirkungen auf die Rangfolge.
Allerdings ist durch die neu dazugekommenen Erststimmen in Wahlkreis 3 ein Patt entstanden, das sich über eine Art Domino-Effekt doch auf die Berliner Regierung auswirken könnte. In diesem Wahlkreis liegt die Direktkandidatin der Linken, Claudia Engelmann, jetzt gleichauf mit dem bisher führenden Kandidaten der CDU, Dennis Haustein.
Das Wahlgesetz sieht in einem solchen Fall vor, dass der zuständige Bezirkswahlleiter auslosen muss, wer das Direktmandat bekommt. Voraussichtlich muss hier nun gelost werden, wer das Mandat erhält. Entschieden wird darüber im Lichtenberger Bezirkswahlausschuss am Montag. Die Linke forderte am Mittwoch, dass - bevor es zu einer Auslosung kommt - zuerst die Stimmen im gesamten Wahlkreis 3 erneut gezählt werden sollen.
Endgültige Entscheidung erst am 27. Februar
Sollte Haustein das Mandat behalten, würde sich am Kräfteverhältnis der Parteien im Abgeordnetenhaus nichts ändern. Ginge das Mandat an die Linke, hätte die CDU einen Sitz weniger im Landesparlament. Bei SPD und Grünen würde je ein Ausgleichsmandat wegfallen. An den Kräfteverhältnissen von SPD und Grünen im Berliner Abgeordneten wird sich demnach aller Voraussicht nach nichts ändern. Entsprechende Äußerungen hatte es noch gestern aus dem Bezirk gegeben.
Entscheiden wird sich das aufgrund komplizierter Verteilungsmechanismen erst am 27. Februar, wenn das amtliche Endergebnis bekannt gegeben wird.
Landeswahlleiter: Keine komplette Neuauszählung in Lichtenberg
Landeswahlleiter Stephan Bröchler wies außerdem darauf hin, dass die Stimmen zur Abgeordnetenhauswahl in Lichtenberg nicht komplett nachgezählt werden.
Ein knapper Stimmenabstand sei kein Grund dafür, dass an der Wahl etwas falsch gelaufen sei, sagte Bröchler am Mittwoch in der rbb24 Abendschau. Ein Recht darauf, Stimmen nachzuzählen, gebe es nur bei Rechtsverstößen.
Derzeit prüfe das Bezirkswahlamt die Wahlprotokolle aller Lichtenberger Wahllokale, teilte Bezirksstadtrat Kevin Hönicke (SPD) mit. Sollte es bei dem Routineprozess zu begründeten Auffälligkeiten kommen, könnte es demnach zu Überpüfungen der abgegebenen Stimmen kommen.
"Zum jetzigen Zeitpunkt steht kein abschließendes amtliches Ergebnis fest, auch keine eventuelle medial kommunizierte Pattsituation zweier Kandiderenden für das Abgeordnetenhaus", so Hönicke. Das amtliche Endergebnis im Wahlkreis 3 werde erst am 20. Februar verkündet.
Die Neuauszählung erfolgte wegen einer Panne in Berlin-Lichtenberg. Ein Paket mit nicht berücksichtigten Briefwahlumschlägen war am Montag in der Poststelle des Bezirksamts Lichtenberg entdeckt worden. Der Fund wurde am Dienstag öffentlich.
Nach Angaben des Bezirkswahlleiters Axel Hunger in Lichtenberg war ein interner Fehler schuld. "Es lag daran, dass wir ein Kommunikationsproblem hatten innerhalb des Bezirkswahlamtes", sagte er am Mittwoch. Die fraglichen Wahlbriefe seien bis einschließlich Donnerstag in der Briefwahlstelle im Rathaus Lichtenberg abgegeben worden. Dann habe es aufgrund des Verlaufs der internen Postroute der Behörde nicht geklappt, sie rechtzeitig zum Bezirkswahlamt zu bringen, das sich in einem anderen Gebäude im Stadtteil Hohenschönhausen befindet. Vielmehr seien sie liegengeblieben und erst am Montagmorgen dort angeliefert worden.
"Das ist einfach ein Missverständnis gewesen", so Hunger. "Ich nehme das auch voll auf meine Kappe." Solche Fehler seien ärgerlich, könnten aber eben auch mal passieren. "Entscheidend ist, dass wir den Fehler korrigieren, wie wir auch andere Fehler korrigieren." Genau dafür gebe es die Ergebnisprüfung, die am Morgen mit etwa zehn Mitarbeitern des Bezirksamtes begonnen habe.
Bezirksstadtrat Kevin Hönicke wies darauf hin, dass sich die Wahlunterlagen "über das Wochenende in plombierten Kisten verwahrt in behördlichen Räumlichkeiten innerhalb des Bezirksamts" befanden. Unbefugte Personen hätten demnach keinen Zugriff gehabt, versicherte der SPD-Politiker.
Sendung: rbb24 Abendschau, 15.02.2023, 19:30 Uhr
Im Folgenden sind die gezählten und zusammengetragenen Stimmen aus den 466 Wahlbriefen gelistet. Die nicht-offiziellen Ergebnisse beziehen sich auf die in Berlin-Lichtenberg betroffenen Wahlkreise 2,3,4,5, und 6.